Wie man einen neuen Pilgerweg entwickelt

Einen Pilgerweg entwickeln?

b2ap3_thumbnail_Ronald-Grimes.jpgWie entwickelt man eine neue Pilgertradition? Eine Frage, auf die niemand sofort eine Antwort haben wird. Ich bin inspiriert von den Gedanken von Ronald L. Grimes, einem bekannten kanadisch-amerikanischen Professor, der auf dem Gebiet der Ritualstudien führend ist. Genauere Informationen finden Sie in meiner Bachelorarbeit Ritual Studies Dutch summary oder im englischen Original.

Rituale sind dynamisch

Laut Grimes sind Rituale nicht so statisch, wie viele Menschen denken. Alle Rituale sind irgendwann entstanden und jedes Ritual verändert im Laufe der Zeit seine Bedeutung und Form. Tatsächlich wird jedes Ritual mit jeder Aufführung neu erfunden: Seine Bedeutung hängt von den Umständen ab, den Darstellern und Anwesenden, dem Raum, den Ereignissen um ihn herum usw.

Wenn man ein neues Ritual entwerfen will, muss man sich dieser Veränderbarkeit bewusst sein. Man muss das Ritual so gestalten, dass man sich dieser Dynamik und Frische auch bewusst ist. Man muss den Menschen die Kraft und Freiheit geben, diesem Ritual eine eigene Bedeutung zu geben, damit es sie wirklich berührt und sie nicht nur für Speck und Bohnen dasitzen.

Das ist alles schön und gut, aber wie entwickelt man einen Pilgerweg?

Lass es wachsen

Grimes‘ Rat ist, die Route wachsen zu lassen. Denken Sie nicht hinter dem Schreibtisch darüber nach, wie der neue Pilgerweg aussehen soll, sondern lassen Sie ihn in Zusammenarbeit mit Menschen und Organisationen entstehen, die die gleichen Werte teilen. Zum Beispiel kann eine Route, die zunächst eine „normale“ Wanderroute ist, langsam zu einer Route mit mehr Ausdruckskraft heranwachsen: weil die Menschen der Route diese Ausdruckskraft hinzufügen.

Zum Beispiel

Wenn ein Künstler ein Werk mit einer Aussage oder einem Symbol für die Grundwerte des Weges auf den Weg stellt, ist der Pilgerweg bereits geschaffen. Die Leute können an diesem Werk vorbeigehen und ihre eigene Bedeutung angeben (oder auch nicht). Wenn es mehr Kunstwerke gibt, die mit den Themen des neuen Pilgerweges verbunden sind, entsteht in einem Menschen automatisch ein innerer Dialog über die Werte, die für die Pilgerreise zentral sind. Und so wächst die Strecke schon um einiges weiter.

Haltestellen

Wenn wir neben Kunstwerken auch kleine Kapellen oder stille Plätze aufstellen, an denen man eine Kerze anzünden oder eine Notiz hinterlassen kann, gibt man den Wanderern auch die Möglichkeit, selbst etwas auszudrücken, das mit den Werten und dem Zweck des neuen Pilgerweges zusammenhängt. Weil andere Menschen diese Ausdrücke sehen, trägt jede Kerze, jeder Ton oder jeder Stein, der absichtlich irgendwo platziert wird, etwas zur Bedeutung und Ausdruckskraft der neuen Route bei.

Je länger die Strecke existiert und je mehr Menschen die Strecke gehen wollen, desto größer wird die Ausdruckskraft.

Treffpunkte und Pilgerherbergen

Die Route wächst noch ein Stück weiter, wenn es uns gelingt, in den Städten oder Dörfern entlang der Route Einkehrmöglichkeiten und Pilgerherbergen zu realisieren. Hier können die Pilger nach einem langen Wander- oder Radtag essen und übernachten. Und: Lernt euch kennen! Ob beim gemeinsamen Essen oder unter dem Baum mit der Gitarre – dort wird der innere Dialog mit den Themen und Werten des Pilgerweges zum Dialog mit anderen. Und so kommt der Pilgerweg erst richtig zum Tragen.

Was ist klein und wächst…

Wir fangen klein an: mit einer Pionierstrecke von 136 Kilometern. Wenn dieser Pionierweg Früchte getragen hat und genügend Sinnkraft hat, dann werden wir den Weg weiter wachsen lassen. Von der Region Nimwegen über die Niederlande bis nach Deutschland. Belgien. Europa…..

Der Weg der Weisheit ist nur ein Samenkorn. Aber es keimt.