Berichtsdebatte zum Windpark Reichswald

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Am 20. Oktober organisierten wir in der Droomvilla Lux in Nijmegen eine Debatte über den Plan, 12 Windmühlen im Reichswald zu bauen. Der Standort der 200 Meter hohen Turbinen liegt in der Nähe unserer Route in einem großen Waldgebiet. Nachfolgend finden Sie einen Bericht. 

Einleitung: „Die eigenen Schweine stinken nicht“

Martijn Messing (Energy Transition Netherlands) eröffnete den Abend in der Nijmegen Droomvilla Lux mit einem Ausschnitt aus dem Film HOME über die Notwendigkeit der Energiewende. Ihm zufolge sind wir moralisch verpflichtet, diesen Übergang an zukünftige Generationen zu vollziehen. Er argumentierte weiter, dass dieser Übergang von unten nach oben erfolgen und von den Bürgern unterstützt werden müsse. In Bezug auf Windkraftanlagen stellte er fest, dass die klassische NIMBY-Antwort – nicht in meinem Hinterhof – Änderungen in der Praxis oft zu einem YIMBY – Yeah in meinem Hinterhof – wenn Bürgerinnen und Bürger am Erlös der Windkraftanlagen beteiligt werden und aktiv in die Planung einbezogen werden. „Eigene Schweine“ stinken nicht, sagte er. (Link zur Präsentation). 

Vorher: Es handelt sich um minderwertigen Wald, der Holzeinschlag wird kompensiert, der Plan wird noch getestet

Beispiel Fotobäume im Wald

Andreas Mayer, Grünenstadtrat in Kranenburg, erläuterte anschließend den Plan für die 12 Turbinen im Reichswald. Mayer sagte, er sei früher ein Cracker und gegen Atomkraft gewesen und setze sich jetzt für den Übergang zu sauberer Energie ein. Das sei angesichts des bevorstehenden Temperaturanstiegs von 1,4 bis 5,8 Prozent in diesem Jahrhundert (Treibhauseffekt) dringend nötig. Windkraftanlagen im ländlichen Raum spielen eine wichtige Rolle, um diesen Anstieg einzudämmen.

Er betonte, dass die Pläne noch geplant seien und noch auf der Grundlage klarer rechtlicher Rahmenbedingungen überprüft würden. Zu diesen Bedingungen gehört, dass die Umweltbelastung nicht zu groß sein darf. Ihm zufolge handelt es sich bei dem Waldstück, das abgeholzt werden soll, um einen „minderwertigen“ Kiefernwald, der nicht als Naturschutzgebiet ausgewiesen ist. Auch das abgeholzte Waldstück würde entschädigt und möglicherweise weniger Turbinen installiert, um den Schaden zu begrenzen. (Link zur Präsentation, bestimmte Fotos können Rechte haben).

Gegen: wichtiger Korridor von Naturschutzgebieten zerstört, inakzeptable Brand- und Trinkwasserrisiken

b2ap3_thumbnail_brand.pngJeroen Boot von Tegenwind hielt einen Vortrag und wies besonders auf die Bedeutung dieses Teils des Reichswaldes hin. Ihm zufolge sind die Turbinen in einem Gebiet geplant, das ein äußerst gefährdetes Bindeglied zwischen verschiedenen Naturschutzgebieten in der Region ist. Die „Mauer“ aus 200 Meter hohen Turbinen würde diese Verbindung ernsthaft beschädigen und zersplittern und den Lebensraum von vielen hundert Vögeln und anderen Wildtieren stören.

Boot wies darauf hin, dass das Gebiet eine wichtige Trinkwasserfunktion für tiefer gelegene Acker- und Naturflächen in der Umgebung hat. Das Risiko einer Kontamination während des Baus oder durch austretendes Öl aus den Turbinen ist vorhanden und sollte bei Trinkwasser nicht eingegangen werden. Es besteht auch die Möglichkeit, dass die 200 Meter hohen Windmühlen Feuer fangen, was durch umherfliegende brennende Trümmer eine Katastrophe für den gesamten Wald wäre. Darüber hinaus erklärte Boot, dass das Ziel für saubere Windenergie in der Region bereits mit 2 oder 3 Turbinen erreicht werde. Es ist also nicht nötig, 12 davon zu bauen. (Link zur Präsentation)

Debatte nach der Pause: Die Wijsmakerij und die „Disputatio“

b2ap3_thumbnail_DSC04293.JPGNach der Pause leitete Toine Janssen von der Wijsmakerij eine Debatte nach der Disputatio-Methode, unterstützt von Ben Dankbaar, dem Vorsitzenden des Windparks Nijmegen Betuwe. Menschen beider Seiten sind eingeladen, ihre Argumente gegenseitig zu stärken. Die Debatte hat gut begonnen, aber es blieb nicht genug Zeit, um der Disputatio gerecht zu werden. Aus diesem Grund wurden im Nachhinein Reaktionen von verschiedenen Parteien übermittelt, die im Folgenden zusammengefasst sind. 

Jedes Mal wird ein Argument dagegen genannt, gefolgt von der Reaktion. 

1. Gute Nachbarschaft oder nicht?

Ein wichtiges Argument gegen den Plan ist, dass die Planung ein Beleg für eine schlechte Nachbarschaft ist. Kranenburg soll sich trotz großer Bedenken der Nachbarn kaum mit den Niederlanden beraten haben. Erst vor kurzem wurden Konsultationen eingeleitet, die von der Euregio durchgesetzt wurden.  

Es wird hinzugefügt, dass alle rechtlichen Verfahren befolgt wurden und werden. Der Planungsprozess steht noch am Anfang. So steht beispielsweise die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) noch aus. 

Laut Tegenwind ist die UVP unsicher.

2. Wurde der Bürger von Kranenburg angehört?

Ein wichtiges Gegenargument ist, dass die Bürger von Kranenburg schlecht und einseitig informiert sind und dass Versammlungen und Widerspruchsverfahren in Ferienzeiten fallen, in denen viele Bürger nicht da sind. Erst durch die Aktionsgruppe Tegenwind erfuhren die Anwohner von den Plänen. 

Nach Angaben der Befürworter des Windparks wussten alle Zeitungen von den Treffen, auch der Windpark . die kostenlosen Wochenzeitungen, die im Briefkasten landen. Der Gemeinderat von Kranenburg hat sich ausführlich mit den Plänen befasst, es ist die demokratische Vertretung der Bürger von Kranenburg.

3.Geht  der Naturkorridor verloren?

Eines der wichtigsten Gegenargumente ist, dass ein empfindlicher Naturkorridor zwischen verschiedenen Naturschutzgebieten verloren geht (Jansberg/Koningsvennen). Dies sind auch Bereiche, in die verschiedene Länder und die EU seit vielen Jahren Steuergelder investieren. Der Korridor soll die Wanderung und Ausbreitung von Flora und Fauna beschleunigen, doch dieser Korridor wird derzeit durch die Fragmentierung und den Bau der Turbinen gestört.

Das Argument ist, dass die Natur widerstandsfähig ist und dass sich der Korridor durch intelligente Eingriffe erholen kann. Geplant sind auch 20 Hektar neuer Wald, um den Waldverlust zu kompensieren.

Das Gegenargument ist, dass viele Rothirsche und wertvolle Vögel wie Habichte bis dahin bereits verschwunden sind. Die Turbinen würden auch ein Massaker an Störchen, Kranichen und Fledermäusen anrichten. 

Laut den Befürwortern wird dies in der UVP untersucht, dass die Schlachtung keine Tatsache ist. Erforderlichenfalls sind auch Ausgleichsmaßnahmen zu ergreifen. Die Jagd wäre auch ein größerer Störfaktor für die Tiere. 

4. Kann die Abholzung dieser Fläche kompensiert werden?

Dieser Teil des Reichswaldes, so ein Gegenargument, könne wegen seiner entscheidenden Funktion innerhalb der Gesamtheit der umliegenden – und oft angrenzenden – (geschützten) Naturschutzgebiete nicht kompensiert werden. Besser wäre es, den Park sofort an einem anderen Ort zu bauen, was die Abholzung, Verarmung und Fragmentierung des bestehenden Waldes und das jahrelange Warten auf neue Wälder ersparen würde. Zudem wird die Landschaft durch die 200 Meter hohen Turbinen  nachhaltig geschädigt und die natürlichen Proportionen aus dem Gleichgewicht gebracht.

Als Reaktion darauf wird darauf hingewiesen, dass die Auswirkungen noch untersucht werden. Wenn der Verlust der Natur nicht kompensiert werden kann, werden die Pläne nicht oder mit weniger Windrädern umgesetzt. Es stimmt, dass der Verlust an Landschaft nicht kompensiert werden kann, aber das ist der Preis der Energiewende. Bessere Windmühlen als Atomkraft oder Kohle. Es wird auch argumentiert, dass der Geschmack umstritten ist: Im 18./19. Jahrhundert ließen Landschaftsmaler oft Windmühlen in ihren Gemälden weg, während wir diese heute oft schön finden. 

5. Gibt es technisch und räumlich bessere Alternativen?

Als Gegenargument wird vorgebracht, dass Strom aus Wind nicht gespeichert werden könne und daher keine gute Alternative sei. Es ist auch nicht logisch, in einem Gebiet mit 10.000 Einwohnern einen Windpark für 80.000 Menschen zu bauen. Die Anwohner verdienen nichts daran, der gesamte Gewinn geht an die Bauherren und Grundbesitzer. Es werden nur 2 oder 3 Windturbinen benötigt und sie können an Standorten gebaut werden, die für alle akzeptabel sind. Die Pläne gehen auch zu Lasten des touristischen Potenzials der Region, einer nahezu unberührten historischen Kulturlandschaft. Schließlich ist es inakzeptabel, dass die Gutmütigkeit zerstört wird. Sie werden die Natur nicht zerstören, um sie zu schützen.  

Die Befürworter räumen ein, dass es zu Belästigungen kommen wird. Alternativen zu Offshore-Windenergie oder Solarstrom aus der Wüste haben aufgrund der teuren Transportkosten einen zu hohen Preis und sind zudem instabil. Andere technologische Alternativen sind noch nicht nutzbar, und wir können nicht 20 oder 30 Jahre auf sie warten. Andere Standorte in der Region sind aufgrund der hohen Urbanität nicht geeignet, so dass ländliche Gebiete den Strom für die städtischen bereitstellen müssen. Eine Gelegenheit für die deflationierende Landschaft, etwas Geld zu verdienen. Die potenziell schädlichen Auswirkungen auf den Tourismus sind nicht erwiesen. Im Gegenteil, als Ausgleichsmaßnahme könnten Investitionen in das touristische Potenzial getätigt werden. 

6. Die Risiken u.a. für Feuer und Trinkwasser 

Gegenargumente für den Windpark sind auch die Risiken für Mensch und Umwelt. So besteht beispielsweise die Gefahr einer Kontamination des Trinkwassers durch austretendes Öl aus den Turbinen. Das verschmutzte Wasser landet dann in tiefer gelegenen Natur- und Landwirtschaftsflächen in der Niers und schließlich in der Maas. Die Turbinen können auch Feuer fangen und einen unkontrollierbaren Waldbrand verursachen, da brennende Teile herumfliegen, die weiter entfernt im Wald landen. Die Feuerwehr NRW rät daher dringend von Windkraftanlagen im Wald ab. Darüber hinaus können die Vibrationen während der Installation des Fundaments zu einer Instabilität der Moräne führen. 

Das Argument ist, dass biologisch abbaubares Öl verwendet werden kann, das sich im Grundwasser nicht gut auflöst.  Jede Turbine verfügt außerdem über einen geschlossenen Behälter für das Öl für den Notfall. Die möglichen Folgen für das Trinkwasser und die Moräne werden noch untersucht und es kann keine aussagekräftige Aussage darüber getroffen werden. Die Brandgefahr ist sehr gering und wird überwacht; auch im Sommer brennt es im Reichswald bei Trockenheit manchmal, und dieses Feuer war bisher immer unter Kontrolle.

7. Die Pläne stehen bereits, Konsultationen sind sinnlos

Ein Gegenargument, das immer wieder auftaucht, ist, dass eine Konsultation nicht mehr sinnvoll erscheint: Die Pläne stehen bereits. Die Zeit zwischen Plan und Umsetzung ist kurz und die Einwände werden nicht wirklich angehört. Es besteht sogar die Möglichkeit, dass es keine UVP-Untersuchung geben wird.

Dieses Argument ist umstritten: In Kranenburg (mehrere) und Gennep wurden Informationsveranstaltungen abgehalten, und es gibt noch nur eine Planungsphase. Diese Phase folgt einem logischen, rechtlich festgelegten Muster. Die Zeit für Ermittlungen und Einwände ist jetzt. 

Persönliche Notiz

Gegen! war meine persönliche Reaktion , als ich von den Plänen hörte. Als Walk of Wisdom sind wir jedoch neutral und ich hielt es für angemessen, dass eine kontemplative Route beide Seiten der Perspektive erkundet. Deshalb habe ich die Initiative für diesen Abend in der Droomvilla ergriffen. Bin ich hinterher immer noch dagegen?

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Ich fand nicht alle Gegenargumente gleich überzeugend und manchmal sehr misstrauisch. Ich halte es für richtig, dass sich der Windpark noch in der Planungsphase befindet, und ich sehe keinen Grund, an der Integrität einer UVP-Studie oder einer Konsultation der Nachbargemeinden und -provinzen zu zweifeln. Entscheidend ist für mich aber, dass es keinen Sinn macht, bestehenden Wald abzuholzen und an anderer Stelle mit neuem Wald zu kompensieren. Ich habe kein gutes Argument dafür gehört, die Windmühlen nicht gleich auf dem Ausgleichsgelände zu bauen. Der Standort einiger der geplanten Turbinen liegt in der Tat strategisch günstig zwischen verschiedenen Naturschutzgebieten und verdient meiner Meinung nach Respekt und Vorsicht. 

Ich bin daher zuversichtlich, dass die Pläne für 12 Turbinen irgendwann auf beispielsweise zwei reduziert werden oder dass alle 12 an anderer Stelle gebaut werden. Ich betone, dass dies meine persönliche Meinung ist. Als Pionier des Weges der Weisheit hoffe ich nur, dass die Debatte den Wanderern und Pilgern genügend Material geliefert hat, um sich eine eigene Meinung zu bilden. 

Weitere Informationen

Tegen: Facebook-Seite Tegenwind Reichswald oder die Website von Tegenwind

Für: Grün Kranenburg,Stellungnahme  Bürgermeister Steins Kranenburg,Argumente  Bauherr BWE

Außerdem: Website Windpark Nijmegen Betuwe entlang der A15, Website de Wijsmakerij Toine Janssen,  Netzwerk Energiewende Niederlande Martijn Messing

Fotos: Debatte von Iris Roselie

Danke

Traumvilla Lux

Vielen Dank an Droomvilla Lux für die kostenlose Bereitstellung eines Zimmers.

Vielen Dank an die Teilnehmer Martijn Messing (Energiewende Niederlande), Andreas Mayer (Grüner Kranenburg), Jeroen Boot (Tegenwind Reichswald), Toine Janssen (de Wijsmakerij) und Ben Dankbaar (Windpark Nijmegen Betuwe)

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